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    Die Idee

    2011 saß ich mit meinem guten Freund zusammen in einem Restaurant und wir unterhielten uns darüber, dass es schon immer ein Traum von jedem von uns ist mit dem Auto eine Rundreise an der Westküste Amerikas zu machen. Wir stellten uns die Strecke vor und was wir alles auf so einem Roadtrip machen könnten, bis mein Freund auf einmal sagte:

    „Weißt du was? Nächstes Jahr im Herbst machen wir den Trip!“

    Ich hatte Bedenken, denn mein gesundheitlicher Zustand war damals so, dass ich noch kleinere Strecken gehen konnte, aber mir dies bereits schwer fiel. Ich fing also an nach Ausreden zu suchen, warum dieser Trip keine gute Idee ist. Aber jeder meiner Bedenken wurde von ihm zerschlagen. Und so kams, dass wir am selben Abend noch 2 Freunde anriefen und von unseren Plänen erzählten und alle beschlossen, dass wir im Herbst 2012 nach Amerika fliegen.

    Also begann ich mit der Planung. Wir brauchten ein Hotel in der Nähe des Flughafens, ein Mietwagen und Flüge. Das Hotel war kein Problem. Die USA ist mit eins der rollstuhlfreundlichsten Länder auf der Welt. Wir haben ein billiges Motel direkt in der Nähe der Autofirma rausgesucht. Generell haben wir immer 1 Zimmer mit 2 queenssize Betten genommen. Als Rollstuhlfahrer haben wir auch in sehr vielen Hotels ein Rabatt auf das Zimmer bekommen.

    Als Mietwagen haben wir uns für einen Geländewagen entschieden, da dieser einfach viel Platz bot. Immerhin mussten wir 4 Erwachsene unterbringen sowie 4-mal Gepäck, 4-mal Rucksäcke, genügend Wasser für die langen Autofahrten, elektronische Geräte und einen manuellen Rollstuhl.

    2012 auf der berühmten Route 1, USA

    Um die Flüge sollte in erster Linie ich mich kümmern, da dies eben mein erster Flug als Rollstuhlfahrer war und ich meine Bedürfnisse am besten wusste. Nach ein wenig Recherche im Internet, hatte ich auch direkt günstige Tickets bei US Airways gefunden. Bevor ich die Tickets kaufte, rief ich die Hotline an, um mich über das Prozedere zu informieren und was die Fluggesellschaft alles benötigt. Das würde ich übrigens jedem Rollstuhlfahrer auch raten! Ich teilte also mit, dass ich Rollstuhlfahrer bin und Flugtickets nach San Francisco benötige. Ich übermittelte alle Maße meine Rollstuhls an die Fluggesellschaft und die Fluggesellschaft meldete mich an jedem Flughafen als Rollstuhlfahrer, welcher nicht gehen und aufstehen kann, an.


    Abflug von Frankfurt

    Angereist zum Flughafen sind wir mit dem Taxi. Wir wurden direkt vor dem Terminal abgesetzt und konnten direkt zum Check-In. Nachdem wir beim Check-In waren und die Koffer aufgegeben hatten, kamen auch schon die 2 von der Fluggesellschaft angemeldeten Helfer vom Deutschen Roten Kreuz mit einem Flughafen-Rollstuhl. Beide Helfer waren super freundlich und habe uns direkt an die Hand genommen und den Weg gezeigt. So gingen wir von einer Sicherheitskontrolle durch die nächste und das immer auf dem kürzesten Weg. Da die Beiden vom DRK anscheinend nicht warten wollten, hatten sie unsere Gruppe immer vorbei an den Warteschlangen gedrängelt, sodass wir nie wirklich lange warten mussten. Und so kams, dass wir an unserem Gate saßen und auf das Boarding warteten. Kurz vor dem Boarding kam dann die Stewardessinnen auf uns zu und teilte uns mit, dass wir gleich mit Boarding beginnen und wir uns vorbereiten sollten, da man als Rollstuhlfahrer als allererstes ins Flugzeug kommt. So gingen wir zur Flugzeugtür, wo mich dann die beiden Helfern auf den Flugzeugrollstuhl gesetzt haben und ich wurde dann auch ins Flugzeug gebracht. Der Flugzeugrollstuhl ist so schmal, dass er durch die Gänge des Flugzeuges passt und man direkt zu seiner Sitzreihe geschoben werden kann. Als wir dann saßen und unser Gepäck verstaut hatten, kamen auch schon die anderen Passagiere.

    2012 Hinflug in die USA

    Der Flug verlief reibungslos und wir landeten in Pittsburgh zum Zwischenstopp. Hier mussten wir in ein anderes Flugzeug umsteigen und ich musste sehr dringend auf Toilette, da ein Wasserlassen im Flugzeug nicht möglich für mich ist. War ich noch der erste, der ins Flugzeug einstieg, war ich aber auch der Letzte beim Aussteigen. Nachdem alle Passagiere ausgestiegen sind, kamen auch die Helfer mit dem Flugzeugrollstuhl. Auch hier wurden wir auf direktem Wege zu unserem Gate gebracht und auch in den USA ohne langes Anstehen.

    Die Helfer nahmen sogar die Dokumente von uns und konnten so direkt zu dem Sicherheitspersonal gehen und uns anmelden und ausweisen. Das Besteigen des Flugzeuges verlief wie in Deutschland. Der einzige Unterschied war, dass ich meinen Rollstuhl noch weit und breit nicht gesehen hatte. In Deutschland wurde er direkt mit ins Flugzeug genommen und bei der Crew gelagert. In den USA kommt der Rollstuhl mit zum Gepäck in den Laderaum.


    Ankunft San Francisco

    Auch am Flughafen San Francisco das gleiche Spiel: erst alle anderen aus dem Flugzeug, dann wir. Auch hier wurden wir auf direktem Weg und ohne langes Anstehen zum Ausgang eskortiert. Als wir den Flughafen verließen, mussten wir uns zunächst einmal sammeln und die Flüge verarbeiten.

    „Wir sind in den USA!“

    Nach einer kleinen Raucherpause wollten wir uns dann eines der wartenden Taxis nehmen. Als wir also zum Taxifahrer gingen und fragten, ob er uns zu unserem Hotel fahren kann, meinte er nur, ob wir nicht ein Rollstuhltaxi nehmen wollen. Wir waren alle ein wenig irritiert, da wir alle noch nie was von Rollstuhltaxis gehört hatte. Man kann die Taxis auch bereits im Vorfeld hier buchen. Er sagte seinem Kollegen bescheid und dieser kam mit einem kleinen Bus. Er öffnete den Kofferraum und klappte die Rampe aus. Ich konnte ohne Probleme in den Kofferraum des Autos fahren. Dort wurde ich mit Gurten gesichert und nach 20 Minuten Fahrt waren wir auch schon in unserem Hotel.

    https://wheelchairtraveling.com/sf-wheelchair-accessible-taxis/

    Am Motel angekommen, haben wir uns eingecheckt und direkt mal Fast Food geholt. *Spoiler Alert* wir haben auf der ganzen Reise nur Fast Food gegessen. Die Super Size Doku hatte auf uns irgendwie den gegenteiligen Affekt…

    Am nächsten Morgen sind dann 2 von uns los und haben das Auto geholt. Los ging die Reise!

    San Francisco

    Zunächst sind wir ein wenig außerhalb von San Francisco auf eine Erhöhung gefahren. Von dort aus konnten wir über San Francisco schauen. Dann ging es weiter Richtung Chinatown und vor dort zur weltberühmten Golden Gate Bridge. Hier sind wir mit dem Auto drüber gefahren und haben dann auf dem Aussichtspunkt – mit ca. gefühlten 2 Mio. anderen Menschen – gehalten und Bilder gemacht. Die Aussichtsplattform ist komplett rollstuhlgerecht und Behindertenparkplätze gibt es dort auch. Nach den obligatorischen Bildern ging es dann direkt weiter in die nächste Stadt: Monterey.

    Moneterey

    In Moneterey stand bei uns das Monterey Bay Aquarium auf dem Plan. Parkplätze gab es hier direkt vor Ort und auch das komplette Aquarium war rollstuhlfahrerfreundlich.

    Los Angeles

    Los Angeles war die erste Stadt für die wir mehr als nur einen Tag eingeplant hatten, denn es stand einiges auf der Liste:

    • die Warner Brothers Tour mitmachen
    • den Hollywood Walk of Fame sehen
    • das Hollywood Zeichen besuchen
    • einen Kinofilm in L.A. sehen
    • den berühmten Long Beach besuchen

    Am ersten Tag wollten wir den Hollywood Schriftzug und den Walk of Fame uns ansehen. Der Abend sollten dann mit einem Kinobesuch enden. So fuhren wir zum Hollywood Schriftzug und mussten feststellen, dass dieser nur sehr schwer zugänglich für Rollstuhlfahrer war.

    Der Weg zur Aussichtsplattform war nicht befestigt und holprig. Die Steigung war für mich nicht alleine zu schaffen und so war ich angewiesen, dass mich meine Freunde schoben. Aber selbst die mussten zu Zweit anpacken.

    Nach dem Hollywood Sign sind wir dann Richtung Walk of Fame gefahren. Wir haben in einer Seitengasse zum Walk of Fame einen Parkplatz gefunden und sind dann 5 Minuten zu Fuß Richtung Touristenmeile gelaufen. Entlang des Walk of Fames befinden sich noch mehrere Museen bzw. Touristenattraktionen. Da wir noch Zeit hatten, beschlossen wir noch in Wachsfigurenmuseum zu gehen. Das Museum war komplett zugänglich für Rollstuhlfahrer.

    Am Abend wollten wir dann ins Kino, aber der Plan wurde aufgrund einer Filmpremiere uns vermasselt.

    2012 – Kinopremiere Pitch Perfect im Cinerama, L.A. USA

    Am nächsten Tag wollten wir dann zu den Warner Brothers Studios und eine Tour mitmachen. Die Anreise gestaltete sich problemlos und ausgeschilderte Parkplätze für Rollstuhlfahrer waren auch genügend vorhanden. Als wir dann zur Kasse gingen und eine Tour für den heutigen Tag buchen wollten, wurden wir sehr ungläubig angeschaut und dann belächelt. Uns wurde gesagt, dass die Touren mindestens 10 Tage im Voraus gebucht werden müssen. Solltet ihr also planen eine Warner Bros. Tour mitzumachen, bucht diese im voraus! Touren für Rollstuhlfahrer werden dort auf jeden Fall angeboten.

    Da wir nun unerwartet Zeit hatten sind wir nach Bel-Air gefahren und haben uns zumindest von außen die Villa aus Fresh Prince von Bel-Air. 2012 war diese damals bewohnt, aber heute kann man diese sogar über Airbnb buchen.

    2012 – Long Beach ,L.A. USA

    Anschließend sind wir zum berühmten Long Beach gefahren. Die Promenade war voll mit Künstlern und Menschen. Auch hier konnten wir wieder in unmittelbarer Nähe des Strandes parken. Die Promenade des Strandes war komplett zugänglich für Rollstuhlfahrer. Es gab einen mit Steinplatten befestigten Weg direkt im/am Strand.

    Für den Abend hatten wir dann den Kinobesuch geplant. Wir waren im legendären Cinerama Dome in Los Angeles. Der Ticketkauf lief unkompliziert ab und auch hier gab es Ticketermäßigungen als Rollstuhlfahrer. Die Plätze waren sehr gut und die Atmosphäre im Kino war atemberaubend.

    San Diego

    Als nächste Stadt auf unserem Roadtrip stand San Diego auf dem Plan. Auch hier hatten wir 2 Tage eingeplant.

    Am ersten Tag fuhren wir zum Cabrillo National Monument Visitor Center. Direkt vor dem Besucherzentrum waren natürlich genügend Parkplätze vorhanden. Neben ein paar Fakten zum Nationalpark und zur Küste von San Diego hat man außerdem einen wunderschönen Blick über die Bucht von San Diego. Alleine dafür lohnt es sich dort einen kurzen Abstecher hinzuwagen.

    2012 – Ausblick vom Cabrillo National Monument, San Diego USA

    Als weitere Aktivität stand bei uns der Zoo von San Diego auf dem Programm. Hier konnten wir direkt Kombitickets und hatten so direkt unsere Tickets für den morgigen Besuch in Sea World. Als Rollstuhlfahrer hat man hier auch eine Ermäßigung auf die Tickets erhalten. Der Zoo war sehr rollstuhlfreundlich und ich konnte alle Bereiche des Zoos besuchen.

    Am zweiten Tag in San Diego stand dann Sea World auf unserer Liste. Da wir bereits am Vortag die Kombitickets am Zoo gekauft hatten, konnten wir direkt die lange Warteschlange an der Kasse überspringen und durch den Eingang gehen. Ich würde den Kauf von Kombitickets jedem empfehlen, der plant die beiden Attraktionen zu besichtigen. Die Vorteile sind, dass man nur einmal lange anstehen muss und es sogar günstiger ist als zwei einzelne Tickets. Da wir keine Achterbahnfans sind, haben wir uns nur mit den Tieren und den Shows beschäftigt. Daher kann ich hier keine Aussage zur Rollstuhlfreundlichkeit bei den Fahrbahngeschäften treffen. Der Rest von Sea World war größtenteils rollstuhlfahrerfreundlich. Bei der Seilbahn im Park hat man zwar Vortritt vor anderen Gästen, aber man muss selber aus dem Rollstuhl in die Gondel gelangen und das bei laufender Fahrt. Bei den Shows gibt es extra Plätze für Rollstuhlfahrer mit guter und freier Sicht auf die Show.

    Las Vegas, Baby!

    In Las Vegas haben wir die meiste Zeit verbracht. Das lag zum einen an der guten Lage, denn von hier aus konnten wir Tagestouren zum Grand Canyon und zum Hoover Damm aus starten und zum anderen waren die Zimmerpreise sehr günstig. Wie eigentlich alle Hotels in Amerika waren auch in Las Vegas alle Hotels behindertenfreundlich und baten sogar noch eine Ermäßigung an.

    Am ersten Tag haben wir direkt eine Tagestour zum Hoover Damm unternommen. Parkplätze gab es direkt vor Ort und die Parkplätze für Rollstuhlfahrer waren direkt an der Kasse. Die Tour ist komplett zugänglich für Rollstuhlfahrer. Mit einem Fahrstuhl fuhr man ins innere des Damms und erhielt dort eine sehr patriotischen Geschichtsstunde über den Damm.

    Zurück in Las Vegas haben wir noch in dem hoteleigenen Kasino Geld verzockt, bevor wir dann zu einer Burlesque Show sind. Die Show war barrierefrei für Rollstuhlfahrer und neben der Ermäßigung auf das Ticket gab es sogar noch ein Upgrade für die Sitzplätze. Allerdings nur für den Rollstuhlfahrer und die Begleitperson.

    Am Tag darauf haben wir Las Vegas erkundet. Neben dem Zocken in den Kasinos haben wir noch den Coca Cola Store und den M&M Store besucht. Der Zugang zu beiden Stores war kostenlos und barrierefrei. Neben Merchandise gab es noch Verkostungen.

    Am letzten Tag stand der Grand Canyon auf dem Plan. Hier gab es 2 Optionen: man fährt zur gläsernen Plattform und zahlt jede Menge Eintritt oder man fährt zu einen der unzähligen anderen nicht-gläsernen kostenlosen Aussichtsplattformen – so wie wir. Wir hatten uns einen Punkt mit Lodge und Café ausgesucht. Auch hier konnte man kostenlos parken und hatte einen befestigten Weg bis zur Aussichtsplattform.

    Rückfahrt nach San Francisco und Rückflug

    Die Rückfahrt und der Rückflug verlief reibungslos. Wir mussten gute 8 Stunden am Flughafen verbringen, da unser Flug um 4 Uhr morgens flog. Wir wollten uns daher nicht extra für die paar Stunden noch ein Hotelzimmer organisieren. Der Flughafen ist 24/7 geöffnet und kostenloses, wenn auch sehr schlechtes, Wifi hatten wir auch. Der Rückflug verlief wie der Hinflug. Wir wurden von den Helfern, vorbei an den Warteschlangen, zu unserem Gate gebracht und konnten dann auch zügig als erstes das Flugzeug betreten. Der Rollstuhl wurde direkt in den Laderaum gepackt. Dies htte den großen Nachteil, dass als wir in Deutschland ankamen, wir noch 15 min länger im Flugzeug sitzen mussten bis der Rollstuhl dann vom Personal zum Flugzeugeingang gebracht wurde. Zurück sind wir mit dem Zug gefahren.

    Zusammenfassung

    Auch wenn die Reise mittlerweile schon 10 Jahre her war, war damals die USA schon Vorreiter in Sachen Barrierefreiheit für Rollstuhlfahrer. Wir hatten keine Probleme Hotelzimmer zu finden und auch keine Probleme mit touristischen Attraktionen. Mein einer Freund hat mal gesagt:

    „Für unseren Urlaub hatte es keinen Unterschied gemacht, ob du im Rollstuhl sitzt oder nicht. Wir konnten wirklich alles erleben und haben sogar noch Geld und Zeit gespart.“

    Falls ihr auch einen Roadtrip in den USA plant, kann ich euch folgende Tipps mit auf den Weg gegeben:

    • meldet euch und euren Rollstuhl bei der Fluggesellschaft an – in den meisten Fällen übernehmen die alles weitere mit der Planung und Organisation
    • bucht euch im Vorfeld ein Auto und überprüft beim Bezahlen den Betrag – wir hatten unbegrenzte Kilometer gebucht, abrechnen wollten sie unsere gefahrenen Kilometer
    • falls ihr einen blauen EU Parkausweis besitzt, müsst ihr wissen, dass die USA diese nicht anerkennen muss – wir hatten allerdings nie Probleme
    • denkt an euren Behindertenausweis, denn viele touristische Attraktionen und Hotels bieten eine Ermäßigung an sowie spezielle Eingänge oder Wege, welche vorrangig für gehbehinderte Menschen gedacht sind
    • falls ihr größere touristische Touren erleben möchte, informiert euch im Vorfeld, ob es Wartzeiten oder Anmeldefenster gibt

    Wart ihr auch schon mal in den USA oder plant ihr auch eine Reise dort hin? Schreibt es mir gerne in die Kommentare!

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